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Mohammad Chatami ist ein Hochstapler

Widerstandsorganisation im Exil warnt den Westen vor dem iranischen Staatspräsidenten

Von Detlef Müller

BM Berlin/Teheran - Ein Sprecher des Nationalen Widerstandsrates des Iran hat den Westen davor gewarnt, den iranischen Staatspräsidenten Mohammad Chatami für einen liberalen und gemäßigten Politiker zu halten.

«Mohammad Chatami ist ein Betrüger und Hochstapler. Um als gemäßigt zu gelten, genügt es nicht, immer nur zu lächeln,» erklärte Ali Safavi, der außenpolitische Sprecher der iranischen Exil-Organisation, gegenüber der Berliner Morgenpost zur politischen Rolle von Chatami. Der im Exil in der französischen Hauptstadt Paris ansässige Widerstandsrat ist offiziell eine überparteiliche Organisation, gilt aber als politischer Arm der militanten marxistischen Volksmudschaheddin, die im Irak eine Exilarmee unterhält.

Seit der im Westen zu Unrecht als liberal und gemäßigt angesehene Chatami im Amt sei, hätte sich im Iran eigentlich gar nichts geändert, behauptete Safavi. Allein in den letzten zwei Jahren seien 420 öffentlich angekündigte Hinrichtungen vollstreckt worden. Auch die Morde an fünf intellektuellen Regimegegnern vor acht Monaten, die weltweit Aufsehen erregt und Proteste vieler Regierungen zur Folge hatten, seien bis heute nicht aufgeklärt. Trotz der von Chatami verfügten Einsetzung einer speziellen Untersuchungskommission sei bislang nicht ein einziger Verdächtiger verhaftet worden, sagte Safavi.

Chatami sei alles andere als gemäßigt, erklärte der außenpolitische Sprecher weiter. Erst vor kurzem sei der iranische Präsident erneut vor der Allmacht der konservativen Mullahs unter dem geistlichen Führer Ayatollah Ali Chamenei in die Knie gegangen. Er habe sein immer wieder, besonders gegenüber ausländischen Politikern, hervorgehobenes Postulat von der «zivilen Gesellschaft» gleichsam aufgegeben, als er öffentlich die islamische Geistlichkeit als die entscheidende Säule des Staates pries und wörtlich erklärte, eine Diktatur sei «weniger gefährlich als unbeschränkte Freiheit».

Diese radikale und eben nicht gemäßigte Haltung würden auch zwei Gesetze belegen, die unter Chatami erlassen worden seien. So wurde bei der medizinischen Versorgung und in den Schulen die strikte Geschlechtertrennung festgesetzt. Frauen dürfen danach nicht mehr von männlichen Ärzten behandelt werden und umgekehrt. Das gleiche gelte bei der Erziehung für Jungen und Mädchen ab dem zehnten Lebensjahr, sagte der Sprecher der Widerstandsgruppe.

Das Regime in Teheran sei nach wie vor repressiv und totalitär und gestatte keinerlei Abweichung von der als «heilig» erklärten Gesellschafts- und Sozialordnung der regierenden Mullahs. Dies bewiesen auch die andauernden barbarischen öffentlichen Steinigungen bei für westliche Rechtssprechung geringfügigen Straftaten wie Ehebruch oder das kürzlich erst erneuerte Todesurteil, der Fatwa, gegen den britsch-indischen Schriftsteller Salman Rushdie, bei dem die Belohnung für etwaige Mörder von den Mullahs sogar noch heraufgesetzt worden sei.

Auch das Schicksal der unter dem Verdacht der Spionage in dieser Woche festgenommenen 13 Mitglieder der jüdischen Gemeinde werfe ein bezeichnendes Licht auf das seit 20 Jahren herrschende Mullah-Regime in Teheran, meinte Safavi. Die 13 Festgenommenen würden nämlich nach dem islamischen iranischen Recht, der Scharia, abgeurteilt werden. Und dieses sehe die Todesstrafe für Spionage zugunsten von Irans Erzfeinden Israel und USA vor.

Auch die Behauptung der iranischen Regierung, die Festnahmen seien nicht wegen der Zugehörigkeit der Angeklagten zur jüdischen Gemeinde Irans erfolgt, die iranische Justiz werde sich mit dem Fall unparteilich und unabhängig befassen, da die iranische Verfassung den religiösen Minderheiten alle Rechte zugestehe, sei schlichtweg falsch, erklärte der Sprecher. Nach wie vor würden Andersdenkende im ganzen Land verfolgt und drangsaliert, auch Christen und Juden sowie insbesondere Angehörige der Bahai-Religion.

Daß die unter anderem von Israel, den USA und Deutschland geäußerten Proteste gegen die Festnahmen als «Einmischung in die inneren Angelegenheiten Irans» und als «unverantwortliche Erklärungen bestimmter uninformierter Kreise», zurückgewiesen worden seien, sei letztlich symptomatisch für das völlig unrealistische Weltbild des Mullah-Regimes.


©Copyright 1999, Berliner Morgenpost

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