Artikel aus der Stuttgarter Zeitung vom 22. Mai 2001
Ein Garten des Friedens
Religionsgemeinschaft stiftet 250 Millionen Dollar
Schönheit spielt im Leben der Bahai eine zentrale Rolle. Der
Garten, der das Zentrum der Religionsgemeinschaft in der nordisraelischen
Küstenstadt Haifa umgibt, ist Ausdruck dieses Denkens.
Von Michael Trauthig
Sie kämpfen für den Weltfrieden, die Versöhnung der
Religionen und einen Weltgerichtshof. Fünf Millionen Mitglieder
zählt die Bahai-Religion, die in ihrem Ursprungsland Iran zeitweise
verfolgt wird. Im von religiösen Konflikten zerrissenen Israel aber
kann die Gemeinschaft sich frei entfalten. In Haifa hat sie ihr Zentrum,
das heute um eine Attraktion reicher wird. Etwa 4500 Menschen aus 200
Ländern werden sich am Fuße des Berges Karmel versammeln, um den
Abschluss eines 14-jährigen Projekts zu feiern: 19 terrassenförmig
angelegte Gärten werden eröffnet. Sie erstrecken sich vom
Fuße bis zum Gipfel des Berges, wo der Religionsstifter - der Bab -
begraben ist. Das Grabmal mit seiner goldschimmernden Kuppel ist eine der
heiligsten Stätten dieses Glaubens. "Die Menschen sollen sich hier wohl
fühlen'', sagt der Architekt Fariborz Sahba. 1987 wurde beschlossen,
die rudimentär schon seit den fünfziger Jahren bestehende Anlage
fertig zu bauen. Tausende von Kubikmetern Fels mussten abgetragen werden,
um die Oberfläche einzuebnen. 250 Millionen Dollar verschlang das
Projekt. Auch die Stadtverwaltung von Haifa spielte mit. Sie ließ
einen Teilabschnitt der Ben-Gurion-Avenue verlegen und richtete ihn an
der Falllinie der Terrassen aus. Die Gärten sollen eine Oase der Ruhe
sein.: Der Berg Karmel gilt auch den drei großen monotheistischen
Weltreligionen - Judentum, Christentum und Islam - als heilig. "Und es
wird geschehen am Ende der Tage, da wird der Berg des Herrn feststehen
als Haupt der Berge und erhaben sein über die Hügel; und alle
Nationen werden zu ihm strömen'', heißt es in der Bibel. Der
Prophet Elias soll in zwei Höhlen auf dem Karmel gelebt haben. Es
heißt, Jesu Familie habe auf dem Weg zurück nach Ägypten
hier Rast gemacht. 1868 errichteten deutsche Templer eine Kolonie am
Fuße des Berges. Die meisten Bahai - etwa 1,7 Millionen - leben heute
in Indien. Größere Gemeinschaften gibt es auch im Iran und den
USA. In Deutschland gibt es etwa 5000 Anhänger dieser Religion.
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