Chatami-Besuch klingt im Zeichen des Dialogs aus
Auch am letzten Besuchstag des iranischen Präsidenten wurden die
Menschenrechte ausgeklammert und Kritik nicht zugelassen
Weimar - Der letzte Besuchstag des iranischen Staatspräsidenten
Mohammed Chatami in Deutschland hat ganz im Zeichen des kulturellen
Dialogs gestanden. Chatami besichtigte am Mittwochvormittag das
Goethehaus in Weimar und traf anschließend mit dem
thüringischen Ministerpräsidenten Bernhard Vogel
zusammen. Bereits am Dienstagabend hatten Deutschland und der Iran die
Weichen für eine Entwicklungszusammenarbeit gestellt, die den
demokratischen Reformkurs in Teheran unterstützen soll. Am
Mittwochnachmittag wollten Chatami und Bundespräsident Johannes Rau
ein Denkmal zu Ehren der Dichterfürsten Hafis und Johann Wolfgang
von Goethe enthüllen. Der im 14. Jahrhundert lebende persische
Freigeist Hafis hatte Goethe zu dessen Werk "West-östlicher Divan"
inspiriert. Ministerpräsident Vogel sprach in seiner Tischrede
von diesem Dialog, den Goethe begonnen habe, "den wir fortsetzen
sollten" und zu dem gegenseitiger Respekt gehöre. Bereits vor dem
Eintreffen Chatamis in Weimar hatte es einen Zwischenfall gegeben, der
die erneut in einem Großaufgebot angetretenen
Sicherheitskräfte offenbar völlig überrascht hatte. Nur
wenige Häuser neben dem Goethehaus hatten offenbar unter anderem
auch Angehörige der Jungen Union Thüringen aus geöffneten
Fenstern mit Trillerpfeifen gegen den Staatsbesuch protestiert. Auf
einem Transparent stellten sie die Frage: "Wo sind die verhafteten
Studenten?" Die Polizei beendete die Aktion binnen weniger Minuten. Vom
frühen Morgen an waren große Teile der Weimarer Innenstadt,
für die die höchste Sicherheitsstufe galt, weiträumig
abgesperrt worden. Auch die Gesellschaft für bedrohte Völker
hat gestern in Weimar gegen die Verfolgung von Juden und
Angehörigen der religiösen Minderheit der Bahai im Iran
protestiert. Die Teilnehmer einer Mahnwache forderten anlässlich
des Besuchs des iranischen Präsidenten Chatami Reformen zum Schutz
religiöser Minderheiten. Der Generalsekretär der
Menschenrechtsorganisation, Tilman Zülch, verlangte die sofortige
Freilassung von zehn iranischen Juden, die wegen Spionage am 1. Juli zu
vier bis 13 Jahren Gefängnis verurteilt worden waren. Der
stellvertretende Vorsitzende des auswärtigen Ausschusses im
Bundestag, Carl Dieter Spranger (CSU), nannte es in einem Radiointerview
peinlich, wie die Bundesregierung es vermieden habe, das Thema
Menschenrechte öffentlich anzusprechen. Auf einen Abbau der "teils
gravierenden Menschenrechtsverletzungen" im Iran hoffte dagegen der
Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Gerd Poppe (Grüne),
in einem Zeitungsinterview. AP/epd
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