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Das „kölsch Katholische“ erschwert den Dialog

VON JOACHIM FRANK, 20.03.02, 18:39h, aktualisiert 21:30h

Die „Weltkonferenz der Religionen für den Frieden“ betreibt Begegnungen auf lokaler Ebene.

Vom „Dialog der Religionen“ zu reden, das ist leicht - besonders nach dem 11. September, als alle Wohlmeinenden die Notwendigkeit friedenstiftender Gespräche propagierten. Den „Dialog“ beharrlich zu führen, ist mühsam - wie die bei den UN in New York akkreditierte „Weltkonferenz der Religionen für den Frieden“ (WCRP) seit ihrer Gründung 1970 erfahren hat. Bei einem Besuch des „Kölner Stadt-Anzeiger“ zeichneten Kölner WCRP-Vertreter aus fünf Religionen ein zwiespältiges Bild: „Eine wirkliche Begegnung ist überhaupt noch nicht gelungen“, sagte der Ausländerbeauftragte des Evangelischen Stadtkirchenverbands, Dieter Endemann: Die (christlichen) Gemeinden Kölns seien „unfähig“ zum gelebten Dialog. Die nachbarschaftliche Nähe fehle, es überwiege die Skepsis. Georg Girschek, Fachreferent des Erzbistums Köln, stimmte in die Selbstkritik ein: Die katholische Kirche sei bisweilen zu sehr „mit sich selbst beschäftigt“.

Optimistischer zeigte sich Ernst Simons von der jüdischen Synagogen-Gemeinde. Das Miteinander sei „nie so gut gewesen wie heute“. Ein Beispiel: Auf Exkursionen hätte früher kein muslimischer Schüler den Fuß in die Synagoge gesetzt. Inzwischen seien sie dabei und zeigten sich oft „erstaunt über die Gemeinsamkeiten“.

Alice Schumann, Vertreterin des Hinduismus, wies auf die enge Vernetzung zwischen den christlichen Kirchen und dem Staat hin, die es anderen Religionen in Deutschland erschwere, Fuß zu fassen - „von Gleichberechtigung ganz zu schweigen“. Von einem mentalen Gefälle wusste auch Endemann zu berichten. Im „hillijen Köln“ sieht sich selbst der Protestant in einer Minderheitenposition. „Das kölsch-Katholische ist sehr schwierig.“

Oft überlagern religions-interne Reibungen das übergreifende Gespräch. Rabeya Müller vom „Zentrum für Islamische Frauenforschung“ wies auf die Schwierigkeit hin, eine spezifisch weibliche Lesart des Korans in den „durchweg männlich dominierten“ islamischen Verbänden zu Gehör zu bringen. „Feminismus ist den Ohren muslimischer Männer ein Reizwort.“ Mit andersgläubigen Frauen sei das Gespräch einfacher. Ein Ziel des Dialogs müsse es sein, das in der Politik geläufige „Blockdenken“ zu überwinden, meinte Werner Heidenreich vom buddhistischen StadtRaum Köln. Die Buddhisten verstehen sich ebenso wie die Angehörigen der aus dem Islam hervor gegangenen Bahai'i-Religion als Katalysatoren religiöser Toleranz.

Annette Esser, Leiterin des WCRP Köln / Bonn, sieht im jährlichen „Gebet der Religionen“ sowie im Kölner „interreligiösen Gesprächskreis“ konkrete Ansätze der Begegnung. Ihre Forderung für die Stadt: „Es müsste ein runder Tisch der Religionen her.“ Gegen das Vorurteil, die eine Religion wolle doch immer nur die andere bekehren, setzte Ernst Simons den Appell an alle Partner: „Bleiben Sie gute Gläubige - dann können wir gute Juden bleiben.“


©Copyright 2002, Kölner Stadt-Anzeiger

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