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Indien

Jugend marschiert für den Frieden

Hunderte Menschen bei interreligiösem Treffen für Völkerverständigung in Delhi

Von Thomas Berger, Delhi

Mehrere Hundert Menschen, vor allem junge Leute, sind am späten Sonntagabend durch Indiens Innenstadt marschiert. Der »Jugendmarsch für den Frieden« (Foto: AFP/Raveendran) sollte ein Zeichen setzen für Toleranz und Verständnis. Nicht nur Jugendliche sondern Menschen jeder Altersgruppe bis hin zur betagten katholischen Nonne reihten sich – jeder eine hell strahlende »Friedenskerze« in der Hand, in die besondere Demonstration auf den Straßen rund um die Sacred Heart Cathedral ein. Am Ende wurde vielstimmig die Forderung verlesen, die Feindseligkeiten auf der Welt zu begraben und im friedlichen Miteinander die Zukunft des Planeten zu gestalten.
Im Anschluss schrieben die Teilnehmer in ihrer jeweiligen Muttersprache Friedensbotschaften auf weiße Tücher, die dem indischen Präsidenten Abdul Kalam zur Weiterleitung an die Vereinten Nationen übergeben werden sollen. Knapp zwei Stunden lang hatten zuvor Vertreter der einzelnen Religionen ihre jeweiligen Friedensbotschaften vorgetragen.
»Lasst uns nicht eine ganze Gemeinschaft danach beurteilen, was eine kleine Minderheit Schlimmes anrichtet«, mahnte eine muslimische Studentin mit Blick auf den aktuell vieldiskutierten islamischen Fundamentalismus. Shulamit Malebar, eine Politikstudentin, die für die jüdische Gemeinschaft sprach, erinnerte daran, dass die Juden in Indien in ihrer zweitausendjährigen Geschichte auf dem Subkontinent niemals Antisemitismus erfahren hätten. Es sei dies eine wichtige Basis, auf der sich für ein heutiges friedliches Miteinander aller aufbauen lasse. »Wir sind alle Vögel aus dem gleichen Nest«, so Shulamit, »die Welt ist eine große Familie, obgleich wir verschiedener Hautfarbe sind und verschiedene Sprachen sprechen.« Erinnert wurde an das Wort des großen hinduistischen Reformers Swami Vivekananda, der im 16. Jahrhundert lebte – »Dem Menschen zu dienen, heißt Gott zu dienen« – oder an Ahimsa, das Grundprinzip des Jainismus, das Gewaltlosigkeit in jeglicher Form bedeutet. Selbst Vertreter der Gemeinschaft der Bahai überbrachten ihren Friedensgruß.
Der Vertreter von Caritas Indien, einer der Mitveranstalter der Aktion, betonte: »Wer ständig neue Waffen produziert, hat kein Recht, von Frieden zu reden.« Nicht nur angesichts von Aghanistan- und Irakkrieg sowie der Hunderten anderen bewaffneten Auseinandersetzungen war die Veranstaltung ein besonderes Zeichen.
Auch Indien ist derzeit nicht unbedingt friedlich. Vor einem Jahr standen das Land und sein Nachbar Pakistan kurz vor einem dritten Krieg, und noch immer sterben im nördlichen Unionsstaat Jammu und Kaschmir, zwischen beiden umstritten, nahezu täglich Menschen. Fast 50 Tote forderten am 25. August Bombenanschläge radikaler Muslime in Mumbai (Bombay). Bis zu 1000 Menschen waren im Vorjahr bei den Gewaltakten zwischen Hindus und Muslimen in Gujarat umgekommen. Gleichwohl gibt es auf dem Subkontinent auch eine beispiellose religiöse Vielfalt. Neben Hindus (82 Prozent) und Muslimen (12) gibt es jeweils gut 2 Prozent Christen und Sikhs unter den mehr als eine Milliarde Indern, außerdem einige Hunderttausend Buddhisten, Tausende von Jains, Parsen, einige Bahai und landesweit rund 5000 Juden.

(ND 23.09.03)

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